Klimaschutz fürs Leben
Fotos: Büro Hagedorn
Der Kampf gegen den Klimawandel
Bei der anstehenden Bundestagswahl am 26. September 2021 geht es um eine Richtungsentscheidung: Welche Regierung kann unser Land in und nach der Corona-Pandemie am sichersten – national ebenso wie international – führen? Welche Partei macht Deutschland einerseits angesichts der Herausforderungen durch die Digitalisierung und andererseits durch die erforderlichen Veränderungen zum Klimaschutz „fit“, ohne dabei die Sicherung der Arbeitsplätze für die Menschen und die Bedürfnisse im ländlichen Raum zu vergessen? Die Weichenstellungen, die in den nächsten 10 Jahren mit dieser Bundestagswahl 2021 „auf dem Spiel“ stehen, werden so weitreichend sein wie seit Jahrzehnten nicht: Denn als einziges Land weltweit steigen wir bis Ende 2022 aus der Atomkraft aus und gleichzeitig bis spätestens 2038 aus der Kohle – und wollen dennoch ein erfolgreiches Industrieland BLEIBEN, weil wir nur dadurch einen großen Teil unseres Wohlstands erarbeiten und unsere hohen sozialen Standards auch für künftige Generationen sichern können.
Naturkatastrophen
Die katastrophalen Starkregenereignisse in Deutschland mit den Flutwellen vom 14. Juli 2021 und mit unfassbaren 170 Toten sowie zerstörten Existenzen und Lebensträumen haben uns alle erschüttert und eine großartige Hilfsbereitschaft und Solidarität bewirkt. Auch aus Ostholstein waren viele Katastrophenschützer mit großem Engagement vor Ort. Aber natürlich hat die Flut auch – wieder einmal – die verheerenden Auswirkungen des beschleunigten Klimawandels jedem vor Augen geführt. Ebenso die apokalyptischen Bilder aus dem brennenden Mittelmeerraum mit Höchsttemperaturen von deutlich über 40 Grad machen jedem deutlich: die Klimakatastrophe ist nicht nur in Brasilien, Afrika und in der Arktis zu spüren sowie angesichts der auftauenden Perma-Frost-Böden Sibiriens, sondern auch direkt in der gemäßigten Klima-Region vor unserer Haustür. Diese Erkenntnis haben wir nicht erst seit der „Fridays for Future“-Bewegung 2019, die sicherlich eine weltweit größere Öffentlichkeit für dieses wichtige Thema geschaffen hat.
Erderwärmung und ihre Klimafolgen
Bereits 2007/2008 zeigte ich auf eigene Initiative in Ostholstein in etlichen Kinos – u. a. in Eutin, Scharbeutz und Neustadt bei freiem Eintritt eine Sonntags-Matinee mit dem Film „Eine unbequeme Wahrheit“ von Al Gore. Dieser Film bringt – heute über 15 Jahre alt – wissenschaftliche Erkenntnisse zum Klimawandel gepaart mit politischer Recherche und beeindruckenden Naturaufnahmen zusammen und sollte die Zuschauer aufrütteln – der Film hätte schon vor 14 Jahren deutlich mehr Zuschauer (auch bei uns!) verdient gehabt, als wir dann tatsächlich damals waren. Er ist bis heute topaktuell und es lohnt sich immer noch, ihn im Internet anzuschauen.
Fakt ist bereits seit den 90er-Jahren: die Erderwärmung und ihre Klimafolgen sind die zentrale Herausforderung für Deutschland, Europa und weltweit und sie muss in Verantwortung für die Zukunft unserer Kinder und Enkel energischer und konsequenter bekämpft werden, als das bisher geschehen ist. Mit einem CSU-Verkehrsminister Scheuer, einer CDU-Landwirtschaftsministerin Klöckner und einem CDU-Wirtschaftsminister Altmaier im Bundeskabinett ist das allerdings nur sehr begrenzt möglich.
Handeln für Mensch und Umwelt
Beim drohenden Klimawandel haben wir seit über 20 Jahren keinerlei Erkenntnismangel, sondern allein ein Handlungsdefizit! Es geht spätestens seit dem „Pariser Klimaschutzabkommen“ von 2015 längst nicht mehr um das „OB“, sondern um das „WIE“ wir diese zentrale Zukunftsfrage bewältigen wollen und müssen. Für mich persönlich standen Umwelt- und Klimaschutz schon in den 90er-Jahren auf der „Agenda“, als ich noch Bürgermeisterin in Kasseedorf war – und in den 19 Jahren meiner Arbeit in Berlin als Bundestagsabgeordnete permanent! Aber für uns Sozialdemokraten ist auch klar: Klimaschutz ist Menschen-Schutz – das Erreichen dieser Ziele darf niemals – wie bei Union und Neo-Liberalen gerne üblich – „dem Wettbewerb und dem freien Markt“ überlassen werden. Für uns ist klar: Es geht nur gemeinsam mit den Menschen – der Kampf gegen den Klimawandel und die Sicherung der Daseinsvorsorge vor Ort muss gerade auch den Menschen mit „kleinem Geldbeutel“ möglich sein und ihnen bezahlbare Wohnungen und im ländlichen Raum bezahlbare Mobilität ermöglichen. Denn bei uns auf den Dörfern sind viele noch länger auf den Privat-Pkw angewiesen und können nicht unbedingt schnell auf ein Elektro-Auto umsteigen – bei steigenden CO2-Abgaben brauchen die Menschen im ländlichen Raum einen fairen finanziellen Ausgleich. Dafür steht die SPD und dafür stehe ich persönlich.
Das Klimaschutzgesetz und Klimapaket 2019
2015 hat die damalige SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks das Pariser Klimaschutzabkommen mit 195 Staaten in Paris verhandelt und beschlossen – seitdem ist Deutschland verpflichtet, ehrgeizige Maßnahmen zum Schutz des Klimas konsequent umzusetzen, um die drastisch ansteigende Erderwärmung zu stoppen. Auf SPD-Initiative haben wir seit 2019 erstmals in der Geschichte unseres Landes ein Klimaschutzgesetz, das verbindliche Ziele zur CO2-Reduzierung festlegt, ohne die wir in der SPD das „Klimapaket“ nur schwer hätten durchsetzen können – der Widerstand der Union war sehr lange sehr groß. Mit dem Bundeshaushalt 2019 haben wir Investitionen in Höhe von 66 Mrd. Euro zusätzlich (!) bis 2023 mit Finanzminister Olaf Scholz für Klimaschutz und den Strukturwandel in allen Wirtschaftsbereichen beschlossen. Seitdem haben wir mit dem Konjunkturpaket im Juni 2020 weitere Milliarden für den Klimaschutz bewilligt und auf europäischer Ebene (während unserer EU-Ratspräsidentschaft 2020) dafür gesorgt, dass mindestens 20 Prozent aller Investitionen aus Brüssel von allen 27 Mitgliedstaaten für den Kampf gegen den Klimawandel eingesetzt werden müssen.
Ich bin froh, dass die Themen Umwelt und Klima – für die ich mich jahrzehntelang einsetze – nun endlich ganz oben auf der politischen Agenda stehen. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 29. April 2021 „im Rücken“, das das Klimaschutzgesetz in Teilen (!) für verfassungswidrig erklärt hatte, konnten wir mit dem nachgebesserten Gesetz vom 24. Juni 2021 endlich die Schärfungen durchsetzen, die 2019 noch am Widerstand der Union gescheitert waren. Deutschland hat in den letzten sechs Jahren zwar schon sehr viel auf den Weg gebracht – aber im Bereich Verkehr und Landwirtschaft nicht genug.
Bahn modernisieren
Mit dem Klimapaket verbinden wir Investitionen zur Modernisierung von Wirtschaft und Infrastruktur mit klaren Vorgaben zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Der Bund garantiert der Bahn für die nächsten zehn Jahre 86 Mrd. Euro für Modernisierung, Digitalisierung, Instandsetzung und Betrieb, zusätzlich stiegen die Verkehrsinvestitionen im Bundeshaushalt 2020 auf das Rekordniveau von 15,3 Mrd. Euro. Damit bringen wir künftig viel mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene.
Der Bund engagiert sich außerdem massiv beim Ausbau von U- und S-Bahnnetzen in den Ballungszentren. Für Metropolen wie Hamburg und der ländlichen Nachbarkommunen stehen 1,2 Mrd. Euro bereit, sodass Pendler künftig eher das Auto stehenlassen können.
Radwege ausbauen und energetisch sanieren
Außerdem beinhaltet das Klimapaket 900 Mio. Euro für den Ausbau von Radwegen, eine Kaufprämie für E-Autos sowie den Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge.
Für diese Maßnahmen zur CO2-Einsparung im Gebäudebereich (z. B. für
Förderprogramme für umweltfreundliche Heizungen und Pumpen) stellt der Bund bis 2023 rund 13,1 Mrd. Euro im Haushalt bereit. Weiterhin ist die steuerliche Förderung für energetische Sanierungen im Umfang von 900 Mio. Euro vorgesehen.
Erneuerbare ausbauen
Das Klimapaket setzt auch Impulse für den Ausbau der erneuerbaren Energien: Der „Deckel“ – also die künstliche Begrenzung – des Ausbaus von Solarstrom-Anlagen ist endlich gestrichen, und der Deckel bei der Offshore-Windkraft von 15 auf 20 Gigawatt deutlich angehoben. Die Regelungen für die Windkraft an Land werden vereinheitlicht, außerdem wird es einen bundesweiten Mindestabstand zu „Wohngebieten“ von 1.000 Metern geben, wobei die Bundesländer ermächtigt sind, auch geringere Abstände festzulegen. Aktuell beraten wir die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), mit der wir z. B. Standortkommunen von Windkraftanlagen und deren Bürger künftig finanziell am Betrieb beteiligen wollen.
Tonne CO2 verteuern
Auf europäischer Ebene hat sich die Einführung des CO2-Zertifikatehandels im Energiebereich und im Luftverkehr bewährt: 2020 lagen die Kohlendioxid-Emissionen in Europa 21 Prozent unter dem Niveau von 2005! Deshalb führen wir mit dem Klimapaket ab 1. Januar 2021 eine CO2-Bepreisung im Verkehrs- und Gebäudebereich ein. Der Preis von anfangs 25 Euro pro Tonne CO2 wird schrittweise erhöht, sodass er 2026 zwischen 55 Euro und 65 Euro liegt. So wollen wir eine sozial verträgliche Umsteuerung zu Gunsten der Bürgerinnen und Bürger ermöglichen – die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung fließen über die Senkung der EEG-Umlage und die Erhöhung der Entfernungspauschale als Entlastung an die privaten Haushalte zurück.
Investitionen für den Umweltschutz: Zu Gast im Vatikan und ein Besuch in Indien
1. Foto oben links: Begrüßung durch Papst Franziskus, der die „Koalition der Finanzminister gegen den Klimawandel“ am 27. Mai 2019 im Vatikan im Rahmen einer Sonderaudienz empfing. 2. Foto: Besuch bei der Chetna NGO im Rahmen der Deutsch-Indischen Regierungskonsultationen Ende Oktober 2019. 3. Foto links: Die Teilnehmer*innen der Deutsch-Indischen Regierungskonsultationen in Neu Delhi (Foto: Seibert). 4. Foto: Pressekonferenz mit Umweltministerin Svenja Schulze und dem Marokkanischen Minister Aziz Rabbah auf der UN-Klimakonferenz am 10. Dezember 2019 in Madrid. (Fotos: Büro Hagedorn)
Internationale Klimakoalition der Finanzminister*innen
Mitte April 2019 besiegelte Olaf Scholz mit seiner Unterschrift, dass Deutschland eines der Gründungsmitglieder der internationalen Klimakoalition „Coalition of Finance Ministers for Climate Action“ wurde. Was ist die Idee hinter dieser Aktion der Finanzminister? Es ist wahr, dass konsequenter Klimaschutz weltweit sehr viel Geld kosten wird. Aber Fakt ist auch, dass fehlendes Engagement beim Kampf gegen den Klimawandel noch viel teurer wird und unser aller Zukunft gefährdet. Und die Finanzminister haben in ihren jeweiligen Regierungen (leider) in der Regel mehr Durchsetzungsvermögen als die Umweltminister.
Der Klimawandel ist global und macht vor Staatsgrenzen keinen Halt – deshalb ist es unerlässlich, an einer ernsthaften, verbindlichen Strategie und Initiative zum Schutz des Klimas international zusammenzuarbeiten. Wir wollen die Pariser Klimaziele durchsetzen – und deshalb ist es höchste Zeit, weltweit endlich konsequent nachhaltig politisch zu handeln. Dabei dürfen nicht länger die Bremser das Tempo bestimmen. Der Begriff der „Nachhaltigkeit“ steht eben nicht nur für Klima- und Umweltschutz, sondern umfasst auch die sozialen Folgen, den sparsamen Umgang mit wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen und die Verantwortung für die nächste Generation. Deshalb ist es richtig und wirkungsvoll, dass die Finanzminister zum Klimaschutz diese Initiative ergriffen haben.
Zu Gast bei der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften im Vatikan
Am 27. Mai 2019 trafen sich Finanzminister aus damals noch 26 verschiedenen Ländern zum 1. Treffen der neuen „Koalition“ auf Einladung der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften im Vatikan, an der ich als Vertreterin von Olaf Scholz teilnehmen durfte. Klima-Wissenschaftler von weltweitem Ruf waren ebenso vertreten wie die Chefinnen von IWF und Weltbank.
In der Konferenz unterstrich Papst Franziskus persönlich die Notwendigkeit zum Handeln und begrüßte uns in seinen Räumen. Ziel der Konferenzen ist – neben dem Erfahrungsaustausch der unterschiedlichen Länder – die Umsetzung und Förderung gemeinsamer Standards, der sogenannten sechs „Helsinki-Prinzipien“. Nach nur sechs Monaten hat sich die Anzahl der angeschlossenen Staaten an der internationalen Klimakoalition bereits auf 51 Länder fast verdoppelt – mit dabei sind auch 18 europäische Staaten.
Beim Finanzministertreffen am Rande der UN-Klimakonferenz
Während Olaf Scholz beim 2. Treffen im Oktober in Washington bei der Weltbank selbst dabei war, vertrat ich ihn erneut am 9. Dezember in Madrid am Rande der UN-Klimakonferenz beim 3. Treffen der Finanzminister und gab am 10. Dezember zusammen mit Umweltministerin Svenja Schulze in Madrid eine Pressekonferenz zu diesem Thema.
Diese internationale Zusammenarbeit und Kontaktpflege ist unfassbar wichtig für einen erfolgreichen Kampf gegen den Klimawandel. Die Durchsetzung der Ziele des Pariser Klimaabkommens kann nur weltweit gelingen, und Deutschland und Europa müssen dabei eine viel stärkere und konsequentere Rolle als bisher spielen.
Für „Sustainable Finance“ bei den Deutsch-Indischen Regierungskonsultationen
Und so habe ich auch die dreitägige Teilnahme für Olaf Scholz an den 5. Deutsch-Indischen Regierungskonsultationen von Angela Merkel mit dem gesamten Kabinett vom 31. Oktober bis 2. November in Neu-Delhi dazu genutzt, in meinen Gesprächen und Auftritten für den Beitritt Indiens zur Klima-Koalition und für das deutsche Schwerpunktthema in der Klimakoalition – „Sustainable Finance“ als ein konsequentes Ausrichten des internationalen Finanzmarktes an den verbindlichen Zielen von ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit – zu werben.
Die internationale Wahrnehmung für die Entscheidungen in Deutschland zum
Klimaschutz ist groß. Vor allem die beschlossenen verbindlichen Ziele stoßen auf enormes Interesse in anderen Ländern, da bekannt ist, dass Deutschland als weltweit einziges Land nicht nur aus der Kohle, sondern auch aus der Atomkraft aussteigt. Und daran wird sich in dieser Großen Koalition auch nichts ändern, obwohl überall die Lobbyisten für die Verharmlosung der Gefahren aus der Kernkraft wieder unterwegs sind und uns neun Jahre nach Fukushima wieder glauben machen wollen, dass eine Verlängerung der Laufzeiten unserer Atomkraftwerke angeblich verantwortbar und klimapolitisch geboten sei. Aber darin ist sich die SPD mit der Kanzlerin (und Physikerin) Angela Merkel einig: Eine weitere Kehrtwende bei der Atomkraft wird es mit dieser GroKo nicht geben.