Gesundheit und Pflege

Foto: Büro Hagedorn

Aktuelles zu Pflege und Gesundheit

An dieser Stelle informiere ich über die aktuellen Gesetzesvorhaben im Bereich Pflege und der Gesundheitspolitik. 

Reform der Pflegeversicherung 

 Durch die demografische Entwicklung ist die finanzielle Lage der gesetzlichen Pflegeversicherung seit Jahren angespannt. Auch die Corona-Pandemie hat die Kosten stark ansteigen lassen. Da alle Leistungen der Pflegeversicherung begrenzt sind und die tatsächlichen Kosten oft die erstatteten Beträge übersteigen, ist der selbst aufzubringende Anteil der Pflegebedürftigen im Laufe der Zeit immer weiter angestiegen. Um sie zu entlasten und die Pflegeversicherung finanziell zu stabilisieren, hat der Bundestag das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz beschlossen.

Demnach werden das Pflegegeld und die Pflegesachleistungen ab 2024 jeweils um fünf Prozent erhöht. 2025 werden diese und alle anderen Leistungen der Pflegeversicherung dann um weitere 4,5 Prozent erhöht, ab 2028 steigen sie entsprechend der Kerninflation.

Wer Angehörige pflegt, kann das Pflegeunterstützungsgeld künftig so in Anspruch nehmen wie das Kinderkrankengeld, also deutlich häufiger. Der Anstieg der Eigenanteile von Pflegebedürftigen in Heimen wird gebremst, indem die Zuschläge von der Pflegekasse ab 2024 auf bis zu 75 Prozent angehoben werden.

Ab dem 1. Juli 2025 wird der gemeinsame Jahresbetrag für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege eingeführt – das sogenannte Entlastungsbudget für pflegende Angehörige. Damit werden Menschen unterstützt, die ihre Angehörigen pflegen und selbst Entlastung benötigen. Mit dem Entlastungsbudget wird es möglich sein, Leistungen der Pflegeversicherung flexibler innerhalb des Budgets abzurufen. Für Eltern von Kindern und Jugendlichen unter 25 Jahren mit einer schweren Behinderung wird das Entlastungsbudget bereits ab 2024 eingeführt. 

 Die Pflegeversicherung muss aber auch stabilisiert werden, um der demographischen Entwicklung zu begegnen und die Leistungsanpassungen zu finanzieren. Deshalb steigt der Beitragssatz ab Juli 2023 – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – um 0,35 Prozentpunkte an, also von derzeit 3,05 auf 3,4 Prozent des Bruttolohns. Des Weiteren wird ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt, nach dem Eltern kinderreicher Familien bei den Beiträgen der Pflegeversicherung entlastet werden müssen. Dazu wird der Kinderlosen-Zuschlag angehoben. Zugleich wird der Beitrag ab zwei Kindern bis zum 25. Lebensjahr um 0,25 Punkte je Kind bis zum fünften Kind abgesenkt. Ein Beispiel: Eine Familie mit drei minderjährigen Kindern zahlt künftig 2,9 Prozent, also weniger als bisher. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, zahlen die Eltern wieder dauerhaft 3,4 Prozent – und damit weniger als Kinderlose, für die der Zuschlag von 0,6 Beitragssatzpunkten gilt. Wenn der geringere Beitrag zur Pflegeversicherung aus technischen Gründen nicht sofort bei allen berücksichtigt werden kann, wird er rückwirkend zum 1. Juli 2023 verzinst und rückabgewickelt. 

Sachstand Krankenhausreform

 Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, hat die Ampel-Regierung mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach ein großes Reformvorhaben für eine flächendeckende, qualitativ hochwertige Krankenhausversorgung in Deutschland „angeschoben“, das von seinem Vorgänger Jens Spahn jahrelang „liegen gelassen“ worden ist. Gemeinsam haben wir uns darauf verständigt, dass wir mit einem „Bund-Länder-Pakt“ die nötigen Reformen für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung auf den Weg bringen, denn in Wahrheit haben eigentlich nur die Bundesländer in unserem föderalen System die Zuständigkeit für die Krankenhauslandschaft. Ziel der Reform ist einerseits der „Abschied“ vom unzweckmäßigen „Fallpauschalen-System“ mit enormen Verwerfungen zwischen der Wirtschaftlichkeit von Spezialklinken einerseits und andererseits solchen, die – wie bei uns im ländlichen Raum – im Prinzip fast für alles an Patientenversorgung zuständig sind und damit nicht rentabel ihre Leistungen abrechnen können und häufig in ihrer Existenz bedroht sind. Die Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen gebotener Wirtschaftlichkeit und qualitativ hochwertiger medizinischer Versorgung der Patientinnen und Patienten ist also das Ziel und auf keinen Fall (!) eine „kalte Strukturbereinigung“, bei welcher zuerst die wirtschaftlich schwächsten Krankenhäuser – trotz ihrer Versorgungsund Bedarfsnotwendigkeit – aufgeben und geschlossen werden müssten. Denn: Unser Maßstab ist und bleibt eine hochwertige und flächendeckende Krankenhausversorgung aller Menschen in Deutschland – nicht nur in den Städten und Zentren, sondern insbesondere in unseren ländlichen Regionen. 

Dazu wurde im Mai 2022 eine „Regierungskommission“ von Gesundheitsminister Karl Lauterbach eingesetzt, die Vorschläge für eine Krankenhausreform ab dem Jahr 2023 erarbeiten soll: Ihr gehören u.a.  18 Expertinnen und Experten aus Pflege, Medizin, Ökonomie und Rechtswissenschaften an. Ziel der Beratungen zwischen Regierung, Koalitionsfraktionen und Ländern ist es, bis zum Sommer Eckpunkte zu erarbeiten, auf deren Grundlage das Gesundheitsministerium einen Gesetzentwurf formuliert, der den Ländern im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens vorgelegt wird. 

Das parlamentarische Verfahren soll nach der Sommerpause eingeleitet und im Dezember 2023 abgeschlossen werden, damit die Krankenhausreform dann möglichst zum 1. Januar 2024 in Kraft treten kann. Selbstverständlich werden die Auswirkungen der Krankenhausreform auf die Versorgungsstrukturen vor Ort sorgfältig geprüft. Keinesfalls darf es dazu kommen, dass Krankenhäuser, die für die Versorgung der Bevölkerung notwendig sind, geschlossen werden. Um solche Verwerfungen zu vermeiden, wird es eine mehrjährige Übergangsphase geben, bis ausgehend vom Status Quo die neuen Versorgungsstrukturen erreicht worden sind. Am Ende soll eine neue, zukunftsorientierte und krisenfeste Versorgungsstruktur stehen, die allerdings auch von den Beitragszahlern bezahlt werden kann. Klar ist natürlich, dass die finale Verantwortung für die Krankenhausplanung und die Sicherstellung der Krankenhausversorgung weiterhin bei den Bundesländern liegt. 

Entlastung des Pflegepersonals in Kliniken 

Um eine gute Versorgung von Patientinnen und Patienten sowie bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte zu gewährleisten, werden Krankenhäuser verpflichtet, für mehr Pflegepersonal auf bettenführenden Stationen zu sorgen. Dazu führen wir schrittweise neue Vorgaben zur Personalbemessung und -besetzung ein. Der Prozess läuft so ab: Kurzfristig werden Personalvorgaben unter Berücksichtigung der aktualisierten Pflegepersonal-Regelung (PPR 2.0) entwickelt. Die Erprobungsphase startete im Januar 2023 mit einem Praxistest in ausgewählten Krankenhäusern in Normalstationen und in der Pädiatrie. Darauf aufbauend werden die Vorgaben für die Personalbemessung bis Ende 2023 bestimmt und ab 2024 eingeführt. Die Regelungen zur Personalbemessung werden dann auf wissenschaftlicher Basis weiterentwickelt. Werden die Vorgaben nicht eingehalten, können Kliniken künftig sanktioniert werden. 

Die gesetzliche Krankenversicherung solidarisch finanzieren 

 Leider gab und gibt es auch dringenden Handlungsbedarf bei der Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen: Bei der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat sich – vor allem wegen der Corona-Pandemie – ein Defizit von 17 Mrd. Euro im Jahr 2023 aufgebaut. Wir haben daher am 20. Oktober 2022 das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz im Deutschen Bundestag beschlossen. Zur Überwindung des Defizits in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation müssen wir die Lasten auf verschiedene Schultern verteilen: Die Einnahmen der GKV werden durch einen ergänzenden Bundeszuschuss in Höhe von 2 Mrd. Euro sowie ein Darlehen von einer Mrd. Euro erhöht. Zudem werden 4 Mrd. Euro „Finanzreserven“ der Krankenkassen genutzt und weitere 2,4 Milliarden Euro aus der „Liquiditätsreserve“ des Gesundheitsfonds. Die Ausgaben der Krankenkassen werden reduziert, indem ein erhöhter Herstellerabschlag um fünf Prozent 23.06.2021: Treffen zum Thema Pflege mit Ameos-Vorstand Michael Dieckmann und den Expertinnen Claudia Moll, Mitglied des Bundestags, und Christina Grahl, Direktorin der Pflegehäuser/Ameos (Foto: Büro Hagedorn) 2 0 auf Arzneimittelprodukte vorgesehen ist. Auch Apothekerinnen/Apotheker, Ärztinnen/ Ärzte und Zahnärztinnen/Zahnärzte müssen ihren Beitrag zur Deckung des Defizits leisten. Dadurch konnten wir zwar nicht verhindern, dass der Zusatzbeitrag vieler Krankenkassen zum 01. Januar 2023 von zuvor 1,3 Prozent auf 1,6 Prozent angehoben wurde, aber wir konnten die drohende viel deutlichere Erhöhung für alle Versicherten damit abwenden. 

 Elf Praktika im Pflegebereich

Seit 2004 hospitiere ich im Rahmen von Pflegepraktika regelmäßig in verschiedenen Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern in Ostholstein. Ich habe immer aktiv das Pflegepersonal begleitet, mich mit ihnen über ihre Arbeitsbedingungen ausgetauscht und die unterschiedlichsten Arbeitsabläufe kennengelernt: von der komplexen Verwaltung mit Pflegeplänen und Abrechnung, von der Küche bis zur Haustechnik erhielt ich interessante Einblicke. Ich habe große Hochachtung vor allen, die im Bereich Pflege und Krankenhaus mit viel Idealismus ihre Arbeit machen, und bin dankbar für die Einblicke, die ich mit den zahlreichen Pflegepraktika bekommen durfte.

1. Pflegepraktikum 17.11.2004, im Seniorenzentrum Godenberg (Spezialeinrichtung nur für Demenzkranke) in Bad Malente

2. Pflegepraktikum 01.11.2004, im Alten- und Pflegeheim Stunkeit in Schönwalde im Pflegeheim für Demenzkranke (Familienbetrieb)

3. Pflegepraktikum 09.2005, in der Pflegeeinrichtung CURA Zentrum in Ahrensbök für Demenzkranke

4. Pflegepraktikum 09.2006, in der Pflegeeinrichtung beim Betreuten Wohnen in Neustadt

5. Pflegepraktikum 12.09.2006, in der Pflegeeinrichtung „Grömitzer Höhe“ sowie beim ambulanten Pflegedienst in Grömitz

6. Pflegepraktikum 02.03.2011, im AWO-Pflegeheim Lensahn im stationären Pflegebereich
 

7. Pflegepraktikum 02.08.2013, bei den ambulanten Pflegekräften des DRK-Zentrums Oldenburg im Raum Grube
 

8. Pflegepraktikum 20.01.2014, Intensivstation und in der Onkologischen Tagesklinik des Sana Klinikums in Eutin

9. Pflegepraktikum 21.11.2014, beim Medizinischen Pflegedienst (MPO) in Oldenburg und der Tagespflegeeinrichtung des Medizinischen Dienstes in Heiligenhafen

10. Pflegepraktikum 08.12.2016, Begleitung der mobilen Krankenpflege von Klaus Reithmeier in Ratekau

11. Pflegepraktikum 15.08.2017, Senioren- und Therapiezentrum Eichhof in Stockelsdorf auf der Wachkoma-Station (Header-Foto)

1. Praxistag in Lensahn am 2. März 2011: Im Gespräch mit Bewohnerinnen. (Foto: Büro Hagedorn)

Beim Praktikum am 20. Januar 2014 in der Sana-Klinik in Eutin, hier auf der Intensivstation. (Foto: Sana Kliniken Ostholstein GmbH)

Praxisnah auch am 12. September 2006 beim Neustädter Pflegeteam Angelika Hoffmann, Christian Pittelkow, Ina Mader und Antje Mosalf. (Foto: Büro Hagedorn)

Am Tag der Pflege 2016 begleitete ich die Mobile Krankenpflege von Klaus Reithmeier in Ratekau.
(Foto: Lübecker Nachrichten)

Zeit für mehr Gerechtigkeit

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In Würde zu leben und alt zu werden, ist ein Menschenrecht. Dafür müssen wir die Bedingungen in der Pflege weiter verbessern. (Video vom 21.09.2017, mit dem Laden des Videos gelten Youtubes Datenschutzbestimmungen)

Veranstaltungen

23.08.2007: Informationsveranstaltung „Umsetzung der Gesundheitsreform und Perspektiven der Reform der Pflegeversicherung“ mit Elke Ferner, stellv. Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Landesgesundheitsministerin Gitta Trauernicht und Regina Poersch, in Burg auf Fehmarn

23.08.2007: Informations- und Diskussionsveranstaltung zur Gesundheits- und Pflegereform mit Elke Ferner, stellv. Fraktions- und Parteivorsitzende, in Bad Schwartau

01.11.2007: Veranstaltung zur Patientenverfügung mit Joachim Stünker, MdB, in Neustadt

13.05.2008: Veranstaltung „Chancen der Pflegereform in Ostholstein“ mit Staatssekretär im Kieler Sozialministerium Helmuth Körner und Sandra Redmann, MdL, in der Asklepios Klinik in Bad Schwartau

01.09.2008: Veranstaltung „Perspektiven für eine menschenwürdige Pflege – Was können und sollen Pflegestützpunkte leisten?“ mit Carola Reimann, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, im Ameos Psychatrium in Neustadt

30.08.2010: Diskussionsveranstaltung „Wird Gesundheit zum Luxus?“ Wird Krankheit Privatsache?“ mit der ehemaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt in Oldenburg in Holstein

02.03.2011: Abendveranstaltung im Rahmen der Pflegetage unter dem Titel „Unsere Gesundheit braucht Solidarität“ mit Birte Pauls, MdL, in Lensahn

12.04.2012: Fraktion-vor-Ort Veranstaltung zum Fachkräftemangel in der Pflege mit Mechthild Rawert in Heide in Dithmarschen

03.06.2015: Veranstaltung über politische Rahmenbedingungen für eine menschenwürdige Pflege mit Carola Reimann in Neustadt

22.04.2016: Veranstaltungsreihe zur Neuordnung der Pflegeberufe mit Hilde Mattheis, Sprecherin der AG Gesundheit der SPD-Bundestagsfraktion, in Bad Schwartau

30.08.2017: Diskussionsveranstaltung zum Thema „Älter werden in Würde“ mit Petra Crone, Sprecherin der AG Demografischer Wandel in der SPD-Bundestagsfraktion, in Oldenburg

18.06.2021: Diskussionsveranstaltung „Applaus – und jetzt? Was sich in der Pflegebranche ändern muss!“ mit SPD-Gesundheitspolitikerin Claudia Moll und Direktorin der Pflegehäuser/AMEOS Christina Grahl, in Neustadt

 Sieben "Runde Tische"

„Hier habe ich in regelmäßigen Abständen gemeinsam mit Fachpolitikerinnen aus dem Land- oder Bundestag zentrale Probleme in der Pflege aufgegriffen. Gemeinsam mit den Expert*innen aus Kliniken und Pflegeeinrichtungen haben wir unsere politischen Initiativen auf den Prüfstand gestellt und einem „Praxistest“ unterzogen. Im Zentrum bei diesen „Runden Tischen“ stand stets, die Pflegeberufe aufzuwerten durch mehr Qualifizierung und faire Löhne sowie eine Offensive gegen den Fachkräftemangel.“ 
 
1. Runder Tisch: 07.01.2013, mit Kristin Alheit, damalige schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin, zum Fachkräftemangel in Pflege- und Gesundheitsberufen, in der Mühlenberg-Klinik in Bad Malente-Gremsmühlen
 

2. Runder Tisch: 24.05.2013, mit Kristin Alheit, damalige schleswig-holsteinische Gesundheitsministerin, zum Fachkräftemangel in Pflege- und Gesundheitsberufen, im Elisabeth-Krankenhaus in Eutin
 

3. Runder Tisch: 07.08.2013, mit Ulla Schmidt, Bundesgesundheitsministerin a.D., in Oldenburg 

 

4. Runder Tisch: 03.06.2015, mit Dr. Carola Reimann, ehemalige langjährige Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, in der Malenter Mühlenberg-Klinik 

 

5. Runder Tisch: 22.04.2016, mit Hilde Mattheis, Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion für Gesundheit, zum Pflegeberufegesetz in der August-Bier-Klinik in Bad Malente

 

6. Runder Tisch: 30.08.2017, mit Petra Crone, Sprecherin der AG Demografischer Wandel der SPD-Bundestagsfraktion, zur Pflege im demografischen Wandel, in der Schön-Klinik in Neustadt 

 

7. Runder Tisch: 25.06.2020, mit Vertreter*innen von sechs verschiedenen Mutter-/Vater-Kind-Kurkliniken in Ostholstein, in Weissenhäuser Strand 

Info-Brief 2009

Fünf Generationen am 103. Geburtstag meiner Oma! (Foto: Büro Hagedorn)

Kasseedorf, im August 2009 

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

unsere Gesellschaft wird immer älter – eine grundsätzlich positive Entwicklung, denn wir alle haben liebe Angehörige noch möglichst lange um uns. Ich selbst bin dankbar, dass meine 80jährige Mutter und mein 85jähriger Vater im nächsten Jahr ihren 60. Hochzeitstag bei hoffentlich dann noch relativ guter Gesundheit werden feiern können und freue mich jedes Mal sehr, wenn ich meine Oma, die im Juni in Laboe ihren 104. (!) Geburtstag im Alten- und Pflegeheim feierte – in den Arm nehmen kann. Für sie selbst ist es das größte Glück, dass kurz vor ihrem 103. Geburtstag ihr erstes Ur-Ur-Enkelkind gesund das Licht der Welt erblickte – meine Enkelin, Leni, die im Juli 2009 kurz nach ihrem 1. Geburtstag in Eutin getauft wurde!

Diese Entwicklung – dass die Menschen im Durchschnitt ca. 9 Jahre älter werden als noch in den 60er Jahren und dass man heutzutage Dank der Medizin und Dank einer hohen Lebensqualität und nur wenigen Entbehrungen auch bei sehr guter Gesundheit sehr alt werden kann – ist für die Menschen ein Segen, aber für den Staat und die gewachsenen und bewährten sozialen Sicherungssysteme in unserem Land auch die zentrale Herausforderung, der sich jeder Politiker und jede Partei stellen muss.

Ich fand es ganz entsetzlich, dass Philipp Mißfelder – ein CDU-Nachwuchspolitiker, der im Bundestag sitzt – vor wenigen Jahren allen Ernstes die Frage stellte, ob wir es uns in Deutschland „leisten“ könnten, dass Menschen über 80 Jahren noch eine teure Hüftoperation erhalten. Ich war und bin empört: diese Frage ist mit unserem Grundgesetz unvereinbar: „Die Würde des Menschen ist unantastbar!“ – und: JEDER Mensch ist GLEICH – unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion, aber insbesondere auch unabhängig vom Alter!!!

Nur ein finanzstarker Staat kann solidarisch handeln

Diese menschenverachtende „Entgleisung“ eines Bundestagsabgeordneten  macht aber natürlich auch klar: Gesundheit – Rente – Pflege – das alles kostet viel Geld und jeder verantwortliche Politiker muss „Farbe bekennen“, wie diese ständig wachsenden Ausgaben in einer Gesellschaft, die immer mehr Ältere und
immer weniger Jüngere hat, gerecht bezahlt werden sollen. Die Abgaben und Beiträge der Jüngeren, die arbeiten, reichen nämlich schon längst nicht mehr aus. Also muss der Staat aus Steuermitteln mithelfen, diese Kosten zu „schultern“, was ich ausdrücklich richtig finde. Aber für diese Solidarität des Staates mit den Kranken, Schwachen und Älteren brauchen wir natürlich auch ausreichend Steuereinnahmen – nur ein finanzstarker Staat kann solidarisch, sozial und gerecht handeln – darum ist die Ankündigung von CDU/CSU und FDP von Steuersenkungen jedweder Art unverantwortliche „Schaumschlägerei“ und
Populismus pur. Wenn Sie die Problematik der Finanzierung der sozialen
Sicherungssysteme im Detail interessiert, dann fordern Sie in meinem Büro bitte
mein Papier unter dem Titel „Wie viel Solidarität können (und wollen) wir uns
leisten?“ an.

Diese Entwicklung stellt uns jedoch nicht nur vor finanzielle Herausforderungen – ein Schlüsselproblem ist das (vielfach schon heute fehlende!) Personal, das unter schlechter Bezahlung wie auch unter Überforderung leidet – für die meisten Pflegebedürftigen gibt es zu wenige Pflegekräfte und überall in Ostholstein und Nordstormarn gibt es bereits jetzt einen Fachkräftemangel in diesem wichtigen Berufszweig. Ich bin froh, dass es der SPD nach langem Streit mit der CDU/CSU im Frühjahr 2009 gelungen ist, den Mindestlohn immerhin für die Pflegebranche durchzusetzen – ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Aber auch pflegende Angehörige brauchen mehr finanzielle und personelle
Unterstützung für ihren weitgehend unbeachteten, aufopferungsvollen und oft Kräfte zehrenden Einsatz. Gerade aus diesem Grund haben wir zum 1. Juli 2008 die Pflegereform mit vielen Verbesserungen zur ambulanten Pflege auf den Weg gebracht – auch dieses nur als ersten Schritt, wie er in der Großen Koalition mit der Union möglich war. Die SPD konnte sich dabei mit ihren wesentlichen Zielen durchsetzen, damit die Pflege nicht nur medizinisch auf dem neuesten Stand bleibt und gleichzeitig im finanziellen Zuschuss verbessert wird, sondern auch eine menschliche Dimension erhält und neben der stationären gerade die ambulante, häusliche Pflege stärkt.

Seit Jahren beklagen viele pflegende Angehörige, dass anfangs weniger die eigentlichen pflegerischen Aufgaben, sondern vor allem die Vorbereitung und Organisation rund um die Pflege die größten Belastungen darstellen. Man müsse "von Pontius zu Pilatus" laufen, um Pflege zu organisieren und die Entscheidungen der einzelnen Sozialleistungsträger und die Zusagen von Pflegediensten oder Pflegeheimen einzuholen und miteinander zu koordinieren. Deshalb haben wir mit der Pflegereform den Grundstein für den Aufbau von Pflegestützpunkten vor Ort gelegt, wo Angehörige und Pflegebedürftige alle
notwendigen Informationen und Hilfen trägerunabhängig „aus einer Hand“ erhalten.

Acht Pflegestützpunkte – nur in Ostholstein nicht

Der Bund hat zum Juli 2008 60 Millionen Euro für den Aufbau der Pflegestützpunkte als Zuschuss für die Einrichtungen auf Kreisebenen bewilligt und das Land Schleswig-Holstein hat mit der verdienten Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD), die am 20. Juli 2009 ohne Grund und in würdeloser Form von Ministerpräsident Carstensen entlassen wurde, erfolgreich den Weg der Einrichtung solcher Hilfszentren vor Ort begonnen. So gibt es mittlerweile in Schleswig-Holstein bereits in acht Kreisen solche großartigen „Pflegestützpunkte“ in unabhängiger Trägerschaft – nur leider in Ostholstein NICHT.

Für mich völlig unverständlich haben CDU und FDP im Kreistag Ostholsteins im Juni 2009 erneut den SPD-Antrag auf Einrichtung eines Pflegestützpunktes (unter Einbindung funktionierender und hochmotivierter Vereine und Verbände, die sich zu diesem Thema engagieren) brüsk und kaltschnäuzig aus „Kostengründen“ abgelehnt. Als wäre die Not der älteren Generation und ihrer Angehörigen nur ein Kostenfaktor! Sicherlich müsste auch der Kreis Ostholstein pro Jahr einen finanziellen Zuschuss im fünfstelligen Bereich für diese Leistung bereitstellen, erhielte dann aber auch die massiven Zuschüsse des Bundes und des Landes wie der Pflegekassen. Da die CDU/FDP-Mehrheit im Kreistag allerdings die Einrichtung solcher Stützpunkte schlicht blockiert, fließen auch die Zuschüsse von Land und Bund zum Wohle der Menschen in unserem Kreis NICHT. Das ist unverantwortlich. Dabei sind die Vorteile unbestreitbar:
Pflegestützpunkte sind wohnortnah, trägerunabhängig und bieten gebündelt vielfältige Unterstützung für Pflegebedürftige und deren Angehörige – es ist schlicht und ergreifend ein humanitärer Service an den Menschen ganz im Sinne des Gesetzes und der Pflegekassen.

Einen weiteren Erfolg für pflegende Angehörige haben wir Anfang Juli 2009 im
Bundestag erzielt: verschiedene Änderungen des Erb- und Verjährungsrechts werden künftig dafür sorgen, dass erbrachte Pflegeleistungen durch Angehörige besser als bisher im Erbfall berücksichtigt werden können.
Ab 1. Januar 2010 können Nachkommen des Erben einen Ausgleich für Pflegeleistungen unabhängig davon erhalten, ob sie zur Erbringung der Pflegeleistungen auf ein eigenes berufliches Einkommen verzichtet haben.

Mindestlohn in der Pflegebranche

Um neben den pflegenden Angehörigen auch die Situation der professionellen
Pflegekräfte
zu verbessern, hat die SPD für eine angemessene Bezahlung letztendlich erfolgreich gekämpft: Am 24. April 2009 trat mit dem Arbeitnehmerentsendegesetz nach langen Auseinandersetzungen endlich die Mindestlohnregelung für die Pflegebranche in Kraft. Auf diesen Erfolg bin ich sehr stolz, denn die Arbeit der Altenpflegerinnen und -pfleger verdient nicht nur unseren größten Respekt, sondern auch über die gesellschaftliche Anerkennung hinaus die finanzielle Wertschätzung, die ihre verantwortungsvolle Arbeit angemessen honoriert.
Die körperliche und seelische Belastung in diesem Berufszweig verlangt dem Pflegepersonal unglaublich viel ab – die anhaltende Notwendigkeit der Fortbildung und der Schichtdienst kommen als zusätzlich belastende Faktoren hinzu. Gerade in Ostholstein nimmt die Anzahl der Einrichtungen für die ältere Generation mit sehr unterschiedlichem Betreuungsgrad ständig zu – da ist es für
unsere Region auf Dauer auch ein Standortfaktor, qualifiziertes Personal auszubilden und für diese verantwortungsvolle Aufgabe zu motivieren.

Zeitnah zum "Internationalen Tag der Pflege" – an dem jedes Jahr in Erinnerung an die Sozialpionierin Florence Nightingale am 12. Mai die Arbeit des Pflegepersonals gewürdigt wird – habe ich auch dieses Jahr wieder verschiedene Pflegeeinrichtungen in meinem Wahlkreis besucht. Am 20. Mai war ich zum wiederholten Male Gast in der Godenblickresidenz in Bad Malente, die sich konzeptioniell auf Demenzkranke spezialisiert hat, beim ambulanten Pflegedienst Pittelkow in Neustadt sowie im Cura Seniorenstift Ahrensbök. Dort habe ich erneut viel über die Arbeitssituation des Personals und die spürbaren Verbesserungen seit In-Kraft-Treten der Pflegereform im Juli 2008 erfahren und einen Blick ‚hinter die Kulissen‘ dieses wichtigen Tätigkeitsfeldes geworfen.  Besonders wichtig sind mir aber auch die angeregten Gespräche mit den Heimbewohnern und den Heimbeiräten. In unregelmäßigen Abständen absolviere ich zusätzlich seit 2004 eintägige Praktika in Alten- und Pflegeeinrichtungen in meinem Wahlkreis – solche Besuchstage helfen mir sehr, die drängenden Probleme im Pflegebereich hautnah zu erfassen – mehr als das Studium von Aktenbergen! Wenn ich – wie seit 2005 geschehen – meine beliebten Weihnachts- und Volksliederhefte in den Senioreneinrichtungen, bei den Veranstaltungen der Seniorenbeiräte, der Vereine und Verbände wie AWO und DRK verteile (bisher ca. 10.000 Stück!), dann nehme ich mir auch stets genügend Zeit für Gespräche – und natürlich für ein paar gemeinsame Lieder!

Auf den folgenden Seiten möchte ich Ihnen einen detaillieren Überblick über die
Verbesserungen der Pflegereform und weitere Informationen für Pflegende und Gepflegte geben. Auf Wunsch erhalten Sie in meinem Büro zusätzlich detaillierte Unterlagen über die gesetzliche Regelung zur Patientenverfügung, die am 2. Juli 2009 in erster Linie auf Initiative der SPD und meines Kollegen Joachim Stüncker beschlossen wurde.

26.09.2008: In Begleitung der damaligen Sozialministerin Schleswig-Holsteins, Dr. Gitta Trauernicht, beim Besuch in der Schön-Klinik in Neustadt in Holstein. (Foto: Büro Hagedorn)

22.02.2012: Liederhefte erleichtern das gemeinsame Singen in Ratekau. (Foto: Büro Hagedorn)

12.09.2006: Im Gespräch mit Familie Langbehn in Grömitz, die bei der häuslichen Pflege vom Ambulanten Pflegedienst Pittelkow aus Neustadt professionell unterstützt wird. (Foto: Büro Hagedorn)

In Würde leben – von der Geburt bis zum Lebensabend. (Foto: Büro Hagedorn)

Die Pflegereform 2008

Am 14.03.2008 hat der Deutsche Bundestag das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz in der 2./3. Lesung verabschiedet. Das Gesetz beinhaltet vornehmlich die Einrichtung von Pflegestützpunkten, den Anspruch auf individuelles Fallmanagement sowie eine generelle Qualitäts- und Leistungssteigerung des Pflegeangebots mit erhöhter Transparenz im stationären Bereich und mit höheren Leistungssätzen vorrangig für die ambulante Pflege.

Das Gesetz verbessert auch die Leistungen für Demenzkranke, psychisch Kranke und geistig behinderte Menschen. Das bürgerschaftliche Engagement wollen wir unterstützen und fördern. Auch wenn aus sozialdemokratischer Sicht bei der Novellierung der Pflegeversicherung einige Wünsche nach weiteren Verbesserungen offen blieben: Für die Betroffenen ist wichtig, dass wir statt endlosem Streit mit der CDU/CSU Kompromisse eingegangen sind und damit schnell zur Tat schreiten konnten. Denn die Richtung stimmt: das Ziel der SPD-Bundestagsfraktion und der Bundesministerin für Gesundheit Ulla Schmidt ist es, die Lebenssituation der pflegebedürftigen Menschen, der pflegenden Angehörigen und der Pflegekräfte zu verbessern. Richtschnur ist der Wunsch der meisten Menschen, so lange wie es geht in der gewohnten Umgebung und selbstbestimmt zu leben, gepflegt und betreut zu werden. Deshalb heißt unser Grundsatz: ambulant vor stationär.

Die wesentlichen Maßnahmen der Reform sind im Einzelnen:

  • Zur Verbesserung der Leistungsqualität wurde neben anderen Maßnahmen die Entwicklung von Qualitätsstandards, die verbraucherfreundliche Veröffentlichung von Prüfberichten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und jährliche Regelprüfungen durchgesetzt.


  • Als zentrale, wohnortnahe Anlaufstelle für Pflegebedürftige, Angehörige und Ehrenamt wurden quartiersbezogene Pflegestützpunkte eingeführt. Wenn die Länder sich für diesen sinnvollen Weg entscheiden, müssen die Pflegekassen die Pflegestützpunkte einrichten. Dafür stehen insgesamt 60 Mio. Euro Anschubfinanzierung zur Verfügung.


  • Für Menschen mit „eingeschränkter Alltagskompetenz“ (auch ohne anerkannte Pflegestufe) gibt es bis zu 2.400 Euro jährlich extra zur Finanzierung von Betreuungsassistenz.


  • Spätestens seit Januar 2009 muss durch Pflegeberater eine individuelle Beratung, Unterstützung und Begleitung angeboten werden.


  • Es werden als Pflegesachleistung nicht nur Pflege und hauswirtschaftliche Versorgung, sondern auch Betreuungsleistungen gewährt.


  • Es gibt die Möglichkeit, dass mehrere Pflegebedürftige Leistungen gemeinsam abrufen ("Poolen" von Leistungen).


  • Die Möglichkeiten zum Abschluss von Verträgen mit Einzelpflegekräften wurden erleichtert.


  • Für eine bessere Betreuung dementer Menschen in Heimen wird zusätzliches (sozialversichertes) Personal finanziert.


  • Die Leistungen (Pflegesätze) werden schrittweise finanziell verbessert und ab 2015 systematisch entsprechend der Preisentwicklung angepasst.


  • Das Ehrenamt in der Pflege wird gezielt gestärkt.


  • Es gibt eine Ausweitung der Angebote für pflegebedürftige Kinder in der Kurzzeitpflege – auch Behinderteneinrichtungen können in Anspruch genommen werden.


  • Es gibt einen Anspruch auf unbezahlte, sozialversicherte Freistellung von der Arbeit bis zu 6 Monate für nahe Angehörige von pflegebedürftigen Personen.


  • Zur Organisation kurzfristig auftretender Pflege- und Betreuungsfälle wurde ein Anspruch auf eine kurzzeitige Freistellung für bis zu 10 Arbeitstage geschaffen.


Seit ihrer Einführung im Jahr 1995 hat sich die Pflegeversicherung als vierte Säule der Sozialversicherung bewährt. Mittlerweile erhalten über zwei Millionen Pflegebedürftige jeden Monat Versicherungsleistungen. Die gesetzliche Pflegeversicherung sichert erfolgreich das Lebensrisiko Pflegebedürftigkeit solidarisch ab. Sie hat in den letzten 14 Jahren viele pflegebedürftige Menschen vor der Abhängigkeit von Sozialhilfe bewahrt.

Heute sind lediglich 5 % der Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege und etwa
25 % der stationär versorgten Menschen auf zusätzliche Sozialhilfeleistungen angewiesen. Dadurch wurden auch die Kommunen in den letzten 12 Jahren stark entlastet. Heute werden noch fast dreiviertel aller Menschen nicht in Heimen, sondern im privaten Umfeld gepflegt  –  das ist nicht nur die "preiswerteste" Lösung für den Staat, sondern meistens vor allem der Wunsch der Pflegebedürftigen, die in ihrem familiären Umfeld meist besonders liebevoll
gepflegt zu werden. Allerdings: angesichts immer weniger junger Menschen, angesichts immer mehr berufstätiger Frauen (die ja meistens für die häusliche Pflege "zuständig" sind) und angesichts drastisch steigender Zahlen von Älteren und Pflegebedürftigen werden wir uns in Deutschland auf gewaltige Veränderungen im Pflegebereich einstellen müssen.

Dafür wird ab 2014 nicht nur sehr viel mehr Geld bereitgestellt werden müssen, sondern dafür brauchen wir in Deutschland auch ein ganzes "Heer" von engagierten, qualifizierten Pflegekräften, die wir mangels "Nachwuchs" kaum allein werden bereitstellen können.

Die demographische Entwicklung in Deutschland hat es notwendig gemacht, die
gesetzliche Pflegeversicherung zukunftsfähig zu machen. Denn bis 2030 werden schon mindestens ca. drei Millionen Menschen pflegebedürftig sein. Außerdem wird der Hilfebedarf immer komplexer. Neben körperlichen Einschränkungen treten immer mehr geistige und psychische Erkrankungen bis hin zu schweren Demenzerkrankungen auf. Gerade Demenzkranke brauchen qualitativ speziell geschultes Personal und veränderte Behandlung im Pflegealltag mit besonderen Herausforderungen. Dazu kommen entscheidende Veränderungen in der Sozialstruktur, wie z. B. die wachsende Anzahl der Singlehaushalte.

Von der Einführung der Pflegeversicherung bis Mitte 2008 wurden die Leistungen nicht erhöht – eine solche „Durststrecke“ ist künftig gesetzlich ausgeschlossen: ab jetzt werden die Pflegesätze in einem dreijährigen Rhythmus routinemäßig überprüft und angehoben – erstmalig 2014. Der  Orientierungswert für die Anpassung der Leistungen der Pflegeversicherung soll die kumulierte Preisentwicklung in den letzten abgeschlossenen drei Kalenderjahren sein. Die Bundesregierung regelt per Rechtsverordnung die  Erhöhung der Pflegesätze, wobei der Anstieg nicht höher sein soll als die Bruttolohnentwicklung. Das hört sich alles sehr kompliziert an, bedeutet aber vor allem eines: künftig werden die Pflegesätze alle 3 Jahre „nach oben“ angepasst – einen „Stillstand“ ohne Erhöhung wie in den letzten 12 Jahren
wird es nicht wieder geben.

Pflegestützpunkte als regionale Anlaufstellen

Mit dem Gesetz zur Pflege-Weiterentwicklung haben wir uns auf die veränderten Bedingungen durch den demographischen Wandel eingestellt. Pflegestützpunkte als regionale Anlaufstellen sollen Jedem in Deutschland die Möglichkeit geben, sich zu informieren und beraten zu lassen. Sie bieten auch die Möglichkeit zu einem individuellen Fallgespräch. Deshalb sollen wohnortnahe trägerunabhängige Pflegestützpunkte sicherstellen, dass die Angebote für Pflegebedürftige direkt vor Ort besser aufeinander abgestimmt und miteinander vernetzt werden. Die Pflegestützpunkte sollen auch Anlaufstelle für die Beratung von Angehörigen sein. Dies soll unter Berücksichtigung bereits vorhandener Strukturen geschehen (in Ostholstein gibt es seit der Abschaffung der Pflegeberatung 2003 durch die CDU-Kreistagsfraktion keine trägerunabhängige Pflegeberatung mehr!). Die Pflegekassen sollen außerdem verpflichtet werden, für ihre pflegebedürftigen Versicherten ein Fallmanagement anzubieten. Ein Fallmanager soll
Ansprechpartner für bis zu 100 Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sein.

Die Entscheidung über die Errichtung von Pflegestützpunkten liegt bei den Ländern – SPD-Sozialministerin Gitta Trauernicht hat im vergangenen Jahr in Kiel bereits alle Vorbereitungen für die landesweite Einführung von Pflegestützpunkten in Schleswig-Holstein getroffen. Zur Errichtung ist allerdings die enge Kooperation mit Städten und dem Kreis erforderlich. Für jeden Stützpunkt zahlt der Bund 45.000 Euro, bei Beteiligung von Ehrenamtlern gibt es eine weitere Förderung von bis zu 5.000 Euro. Die SPD wollte für diese Förderungen 80 Millionen Euro bundesweit bereitstellen – durch den Widerstand der CDU musste dieser Betrag jedoch auf 60 Millionen Euro gesenkt werden.

Voraussetzung für den Erhalt der Fördermittel sind neben der Trägerunabhängigkeit und zentralen Lage – gerade im ländlichen Raum
wichtig für die Erreichbarkeit – mindestens zwei Vollzeitkräfte, eine umfassende

Beratung bis hin zum Fallmanagement und vor allem auch die Beteiligung aller
Hauptakteure (Pflege- und Krankenkassen und Kreise mit anteiliger Finanzierung, woran es in Ostholstein wegen der CDU/FDP hakt). In Schleswig-Holstein sollte eigentlich in jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt ein Hauptpflegestützpunkt errichtet werden, in den Kreisen bis zu drei Nebenstellen – doch der Kreistag Ostholstein hält seinen politischen Widerstand gegen die Einrichtung eines Stützpunkts unverantwortlicherweise noch immer
aufrecht.
 
Die Kosten für die Hauptstützpunkte werden zu gleichen Teilen von den Pflege- und Krankenkassen, den Kreisen und kreisfreien Städten sowie dem Land getragen. Die Nebenstellen werden durch die Gemeinden und die Pflege- und Krankenkassen finanziert. Der Bund gewährt zusätzlich die einmalige Anschubsfinanzierung von 45.000 Euro, bei Beteiligung von Ehrenamtlern bis zu weitere 5.000 Euro. Die Landesmittel werden gleich auf alle Kreise und kreisfreien Städte verteilt. Die Pflegeberater werden von den Kassen finanziert.
In Schleswig Holstein gibt es bereits 8 trägerunabhängige Beratungsstellen (in
Flensburg, Kiel, Neumünster und Lübeck sowie in den Kreisen Dithmarschen, Segeberg, Pinneberg und Herzogtum Lauenburg).

Trotz der Auflösung der trägerunabhängigen Pflegeberatung 2003 durch die CDU-Kreistagsfraktion in Ostholstein (obwohl das Land die Förderung fortsetzen wollte!) und ihrer Blockade gegenüber einer neuen „Servicestelle“ für
die ältere Generation und ihre Hilfe suchenden Angehörigen hält die SPD Ostholstein an ihrem Engagement für die erneute Einrichtung einer trägerunabhängigen Pflegeberatung fest. Um dem demographischen Wandel gerecht zu werden, werden in ländlichen Regionen im Norden anderswo mutige neue Wege beschritten: z. B. arbeitet das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) in Mecklenburg-Vorpommern mit „Modellstützpunkten“, bei denen zur besseren Erreichbarkeit durch die Bürger ein Bus zwischen den Stützpunkten pendelt.

Ein wichtiges Anliegen der SPD-Bundestagsfraktion ist die Verbesserung der Pflegequalität und die Erhöhung der Transparenz im Pflegebereich. Hierzu haben wir in der Pflegereform unter anderem die Entwicklung von Qualitätsstandards für die stationäre und ambulante Pflege, den Ausbau der Qualitätsprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen und die Veröffentlichung der Prüfergebnisse in verständlicher und leicht zugänglicher Form festgeschrieben.

Leistungsänderungen im Überblick

  • Die Leistungen für Demenzkranke, psychisch Kranke und geistig behinderte Menschen werden von 460 auf bis zu 2.400 Euro erhöht. Hierfür stehen 200 Millionen Euro zur Verfügung.

 

  • Auch die Pflegesätze werden erstmalig im ambulanten Bereich erhöht, Pflegestufe eins steigt schrittweise bis 2012 von 384 auf 450 Euro pro Monat, Pflegestufe zwei von 921 auf 1.100 Euro und die Pflegestufe drei von 1.432 auf 1.550 Euro monatlich.


  • Im stationären Bereich steigt der Pflegesatz der Stufe drei von 1.432 auf 1.550 Euro und bei Härtefällen von 1.688 auf 1.918 Euro. Angehörige haben nun Anspruch auf eine sechsmonatige unbezahlte aber sozialversicherungspflichtige Freistellung.


  • Pflegende Angehörige werden im Rahmen der so genannten Pflegezeit in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten bis zu sechs Monate unbezahlt von der Arbeit freigestellt. Sie sollen in dieser Zeit über die Pflegekassen sozialversichert werden.


  • Außerdem wird Beschäftigten in einer akut auftretenden Pflegesituation ein Anspruch auf eine kurzzeitige Freistellung für bis zu 10 Arbeitstage eingeräumt. 


  • Menschen mit Pflegebedarf können ihre Ansprüche auf grundpflegerische Leistungen sowie hauswirtschaftliche Versorgung z. B. innerhalb einer Wohngemeinschaft oder mit anderen Pflegebedürftigen in der Nachbarschaft “poolen”. Dabei wird Zeit gewonnen, die den Pflegebedürftigen zusätzlich zu Gute kommen soll. 


  • Die Schnittstellen, beispielsweise zwischen Krankenhäusern und Einrichtungen der stationären Pflege, werden ebenso verbessert wie die Ausgestaltung von Prävention und Pflege. 


Es liegt auf der Hand, dass Verbesserungen in der Pflege nicht umsonst zu haben sind. Der Beitragssatz der Pflegeversicherung wurde deshalb zum ersten Mal seit 1995 um 0,25 Beitragssatzpunkte auf 1,95 % ab 1. Januar 2008 erhöht. Die Mehreinnahmen im Jahr 2008 betrugen rund 1,3 Milliarden Euro. Aus heutiger Sicht reicht die Beitragssatzerhöhung aus, um die Leistungen der Pflegeversicherung bis 2014 sicherzustellen.

Die Pflegereform war dringend nötig und die Verbesserungen kommen bereits bei den Menschen an. Dennoch bleiben für uns zwei wichtige Punkte auf der Tagesordnung:

  1. die bezahlte kurzzeitige Freistellung für pflegende Angehörige
  2. die solidarische Finanzierung der Pflege


Der Solidarausgleich darf künftig NICHT auf die gesetzliche Pflegeversicherung allein beschränkt bleiben. Obwohl im Koalitionsvertrag von SPD und CDU/CSU verbindlich festgelegt war, dass es eine „Ausgleichszahlung“ der privaten Pflegeversicherung an die gesetzliche Pflegeversicherung im Zuge der Pflegereform geben müsse, hat sich die Union dann 2008 NICHT an diese Zusage gehalten und sich erneut zum Fürsprecher der Interessen der Privatversicherer gemacht.

Die SPD verfolgt weiter das Ziel einer von ALLEN finanzierten Bürgerversicherung – auch unter Einbeziehung der gut verdienenden Privatversicherten! Um für dieses Ziel politische Mehrheiten zu erhalten – dafür braucht die SPD am 27. September 2009 die Unterstützung der Wählerinnen und Wähler!

1. Bild: Veranstaltung mit der Landtagsabgeordneten
Sandra Redmann (Bad Schwartau) und Staatssekretär Helmut Körner zu "Chancen der Pflegereform für Ostholstein" in der Asklepios Klinik am 13. Mai 2008.
(Foto: Büro Hagedorn)

2. Bild: Gespräch mit der stellv. SPD-Fraktions- und Parteivorsitzenden Elke Ferner, MdB (Mitte) – federführend hat sie sowohl die Gesundheits- wie auch die Pflegereform in Berlin verhandelt – und MdL Regina Poersch. (Foto: Büro Hagedorn)