Eine sozial gerechte Wärmewende
Seit März 2023 war die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes zwar Thema in fast jeder Talk-Show, aber in Wahrheit haben in diesen Wochen alle „wie die Blinden von der Farbe“ geredet, denn alles, was diskutiert wurde, war ein (an die Medien „durchgestochener“) und in der Koalition nicht abgestimmter Referentenentwurf aus dem Wirtschaftsministerium von Robert Habeck.
Erst Ende März hat ein Koalitionsausschuss sich erstmalig damit intensiv befasst und klar war auch immer: Neben Wirtschaftsminister Habeck ist auch Klara Geywitz als SPD-Bauministerin im Kabinett zuständig. Erst am 15. Juni haben wir das Gebäudeenergiegesetz in 1. Lesung im Deutschen Bundestag beraten, womit die parlamentarische Arbeit in den Ausschüssen erst begann.
Mit Experten und Verbänden diskutierten wir den aktuellen Entwurf am 3. Juli in öffentlicher Anhörung (VIDEOSTREAM - Weiterleitung externer Link) und haben diesen – wie üblich im Parlament - noch VOR der Beschlussfassung verändert. Bereits jetzt haben wir uns als Koalitionsparteien im parlamentarischen Verfahren darauf verständigt, dass eine verpflichtende deutschlandweite kommunale Wärmeplanung künftig das zentrale Steuerelement für Kommunen und eine wichtige Orientierungshilfe für Bürgerinnen und Bürger sein wird. Denn aus der kommunalen Wärmeplanung wird für alle ersichtlich, welche Wärmeversorgungsmöglichkeiten in ihrer Straße geplant und zukünftig zur Verfügung stehen. Auf dieser Basis kann jeder aus den vor Ort zur Verfügung stehenden Alternativen die für sich beste Wärmeversorgung wählen, z. B. Fernwärme, Strom, klimaneutrales Gas, Holz und Pellets oder anderes.
Der Gesetzentwurf sollte eigentlich am 7. Juli 2023 in 2./3. Lesung im Deutschen Bundestag beschlossen werden, aber das Bundesverfassungsgericht stoppte einen Tag vorher aufgrund eines CDU-Antrages die geplante Abstimmung. Damit kann das Gesetz nicht wie geplant noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Die Abstimmung soll nun in der nächsten regulären Sitzungswoche Anfang September erfolgen. Die Debatte wird live in der Mediathek des Bundestages übertragen.
(Foto: studio kohlmeier berlin)
Die wichtigsten Neuerungen im Detail:
Förderung
Basis ist eine Grundförderung von 30 Prozent für alle selbstnutzenden Eigentümer, Vermieter, gemeinnützige Träger, Unternehmen und auch Kommunen. Hinzu kommt nun ein Einkommensbonus von 30 Prozent zusätzlicher Förderung für selbstnutzende Eigentümer mit zu versteuernden Haushaltseinkommen von bis zu 40.000 Euro. Hiervon können rund 40 Prozent der selbstnutzenden Hauseigentümer profitieren. Dies ist das klare Signal, dass gerade Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen besonders unterstützt werden.
Als zusätzliche Unterstützung wurde zudem ein Klima-Geschwindigkeitsbonus in Höhe von 20 Prozent der Investitionskosten vereinbart, der ab 2028 degressiv abschmilzt (um drei Prozent alle zwei Jahre). Damit soll ein Anreiz für eine möglichst frühzeitige Umrüstung gerade besonders alter Heizungen gegeben werden. Hinzu kommt ein Innovationsbonus von fünf Prozent für die Nutzung von natürlichen Kältemitteln oder Erd-, Wasser- oder Abwasserwärme bei Wärmepumpen. Grundförderung und Boni sind miteinander kombinierbar - bis zu einem maximalen Fördersatz von zusammen genommen 70 Prozent.
Es soll zudem neben der Zuschussförderung ein Kreditprogramm mit Zinsvergünstigungen und auch Tilgungszuschüssen geben, um insbesondere auch vulnerablen Gruppen und älteren Menschen ergänzende Finanzierungsmöglichkeiten zu eröffnen.
Mieterschutz
Mieter*innen sollen nicht über Gebühren belastet werden. Nach bisheriger Rechtslage konnten Vermieter*innen Kosten einer Modernisierung zu acht Prozent auf die Mieter*innen umlegen. Die Kappung der Gesamtbelastung liegt dabei bei drei Euro/qm über einen Zeitraum von sechs Jahren.
Nun wurde eine neue Modernisierungsumlage vereinbart. Diese sieht vor, dass Vermieter*innen die Investitionskosten für den Heizungstausch in Höhe von zehn Prozent auf die Mieter*innen umlegen können, wenn – und das ist die Bedingung – eine Förderung auch wirklich in Anspruch genommen und die Fördersumme von den umlegbaren Kosten abgezogen wird.
Zudem - und das ist die elementare Mieterschutzregelung – wird die maximale Mieterhöhung pro Quadratmeter immer bei 50 Cent gekappt. Dies gilt unabhängig davon, ob Vermieter die Kosten über die bisherige oder die neue Modernisierungsumlage auf Mieter*innen umlegen. Wird der Heizungstausch mit weiteren Modernisierungsmaßnahmen kombiniert, greift immer die Gesamtkappungsgrenze von 3 Euro (in Ausnahmefällen 2 Euro) pro qm. Das heißt, dass jetzt bereits jede/r Mieter*in Planbarkeit hat, wie hoch seine maximale Mieterhöhung sein wird.
Härtefalleinwände im Falle des Heizungstausches sollen immer möglich sein. Das heißt für Mieter*innen, deren Miete durch die Modernisierung auf mehr als 30 Prozent ihres Haushaltseinkommen ansteigt, gilt nur eine beschränkte Umlagefähigkeit. Dies sichert die soziale Gerechtigkeit im Rahmen der Wärmewende im Gebäudesektor.
Gasnetze und Heizungen
Wer nach dem 1. Januar 2024 noch eine Gasheizung einbauen möchte, erhält vorher eine verpflichtende Beratung. In dieser wird er darauf hingewiesen, dass er aufgrund der steigenden CO2-Preise und den Vorgaben des Klimaschutzgesetzes mit steigenden Betriebskosten rechnen muss und nicht von einer unbegrenzten Nutzungsdauer der Gasheizung ausgehen kann.
Wer sich trotzdem für eine Gasheizung entscheidet, muss ab 2029 15 Prozent, ab 2035 30 Prozent und ab 2040 60 Prozent klimaneutrale Gase (Biomethan, Wasserstoff) nutzen. Dies kann er bilanziell über den Kauf entsprechender Herkunftsnachweise oder Zertifikate seines Versorgers nachweisen. In den Fällen, in den die Gasnetze zukünftig mit klimaneutralen Gasen (Biomethan, Wasserstoff) genutzt werden sollen, wird die Bundesnetzagentur die Planungen der Kommunen auf Plausibilität und Vereinbarkeit mit den Klimaschutzzielen überprüfen.
Der Einbau einer auf Biomasse (Holz, Pellets) basierenden Heizung bleibt uneingeschränkt im Alt- und Neubau möglich. Die im bisherigen Gesetzentwurf vorgesehene verpflichtende Nutzung von Solarthermie und eines Pufferspeichers entfällt.